Die Plettenberger Rathäuser (am Rathaus, Grünestraße 12, Haupteingang)
Die Tafel 1 erzählt die Geschichte der Plettenberger Rathäuser. Sie klingt deshalb so kompliziert, weil große Teile der heutigen Stadt erst seit 1941 zu Plettenberg gehören. Seit dem Spätmittelalter war das Gebiet auf drei verschiedene Verwaltungen verteilt.
Zunächst hatten die Grafen von der Mark im 14. Jahrhundert alles, was heute »Plettenberg« heißt, unter ihre Oberhoheit gebracht. Von der 1301 errichteten Burg Schwarzenberg aus verwalteten sie ihr »Amt Schwarzenberg«, zu dem anfangs das Dorf Plettenberg, die Landgemeinde Plettenberg und das Dorf Ohle gehörten. 1353 wurde Ohle dem neugegründeten Amt Neuenrade zugeschlagen und blieb dort bis 1890. Der Ort Plettenberg erhielt 1397 von Graf Dietrich von der Mark die Stadtrechte, wurde nun von zwei Bürgermeistern und acht Ratsleuten verwaltet und schied damit aus der Amtshoheit Schwarzenbergs aus. Der Drost der Burg regierte nun nur noch das »Amt Plettenberg« (auch weiter »Amt Schwarzenberg« genannt): die Bauernansiedlungen um die Stadt herum wie zum Beispiel Böddinghausen, Eiringhausen oder Holthausen.
Von nun an berichten die Quellen immer wieder von Querelen zwischen Bewohnern der Stadt und des Amts. Die Bewohner des Amts teilten die Freiheiten der Stadtbewohner nicht, blieben fast ausnahmslos abhängige Bauern, teilweise bis zur Bauernbefreiung, die mit dem Ende des »Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation« 1806 durchgesetzt wurde. Die Grundherren wohnten häufig in der Stadt Plettenberg und waren in den Dörfern nicht gern gesehen. So begrüßten etwa Böddinghauser Bauern im Jahr 1711 einen Plettenberger Bürger, der Abgaben eintreiben wollte, mit Mistgabel und Steinwürfen und beschimpften ihn als „Strauchdieb“ und „Schelm“. Außerdem wurden gerne falsche Angaben über die Höhe der Ernte gemacht, um die Abgaben zu drücken.
Problematisch war auch das Verhältnis zwischen dem Drosten auf Schwarzenberg und dem Rat der Stadt. Man versuchte sich gegenseitig nach Kräften zu ärgern, unklare Rechte zum jeweils eigenen Nutzen auszulegen und Ansprüche in die eigene Kasse zu leiten. 1568 etwa stritt man darüber, ob eine zum Torfstechen gut geeignete Liegenschaft zur Stadt oder zum Amt gehöre und ob die Kommune herzogliche Wiesen unrechtmäßig verpachtet habe. Zudem monierte der Drost eine angebliche »Bedrängung« der Landbewohner durch die Städter. 1638 wiederum wurde der Drost beschuldigt, in die Rechte der städtischen Bürgermeister und Ratsherren einzugreifen. Unter anderem warf man ihm vor, über Streitfälle ohne Hinzuziehung von Anwalt und Richter zu entscheiden. Die Überschreitung seiner Kompetenzen versuchte er zu vertuschen, indem er sich von den Betroffenen schwören ließ, gegen ihn keine Klage zu erheben.
Die Situation änderte sich erst nach 1806 unter französischer Herrschaft. Die Franzosen fassten Stadt und Gemeinden des Amtes zur »Mairie« Plettenberg zusammen. Maire wurde übrigens 1809 der Freiherr Karl Christoph von Plettenberg zu Schwarzenberg, woran man sehen kann, daß sich die neuen politischen Machthaber der alten Eliten bedienten. Immerhin führten die Franzosen auch die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen, die Aufhebung der Zünfte, die (theoretische) Abschaffung der Geburtsvorrechte und die (mögliche) Befreiung der Bauern von allen feudalen Lasten ein. Nach dem Ende der Fremdherrschaft und der Bildung der neuen preußischen Provinz Westfalen wußte offenbar niemand so recht, ob Vereinigung oder Trennung die richtige Lösung für Plettenberg sei. Mal ging man für einige Jahre getrennte Wege, von 1856 bis 1866 versuchte man es noch einmal gemeinsam. Ob den Bürgern wohl immer klar war, wer gerade für ihre Anliegen zuständig war?
1890 schlossen sich die Ohler auf eigenen Wunsch dem Amt Plettenberg an - allerdings unter Wahrung eines Teils ihrer Selbständigkeit, unter Beibehaltung eines eigenen Gemeinderats, Bürgermeisters und Haushalts. Nun gab es also die Stadt Plettenberg und das Amt Plettenberg plus Ohle.
Das vergrößerte Amt brauchte nun endlich ein Amtshaus, dessen Bau das »Altenaer Kreisblatt« im Juni 1926 preist:
»In dem sich stark entwickelnden Amtsbezirk Plettenberg, der bis zum Jahre 1910 kein eigenes Verwaltungsgebäude hatte, machte sich in dieser Zeit immer mehr das Bedürfnis zur Errichtung eines Amtshauses geltend. Durch die zerstreute Lage des Amtsbezirkes um die Stadt Plettenberg entspann sich zwischen Oberamt und Unteramt um die Bauplatzfrage ein Streit, der unter dem starken Einfluss des Landrats Thomee aufs glücklichste gelöst wurde, wie die wunderbare Lage des Plettenberger Amtshauses zeigt. Nicht Eiringhausen oder ein Platz im Weichbilde der Stadt sollten das Gebäude aufnehmen, nein, Unteramt und Oberamt gerecht werdend, am Hange des Saley, weit ins Tal grüßend, sollte das Amtshaus stehen. [...} Widerstände in der Amtsversammlung waren bald beseitigt und so entstand, in das Landschaftsbild passend, bau pflegerisch fürsorglich [...} gehütet, [...} das schmucke Amtshaus in seiner einzigen, vielbewunderten Lage.«
Ab 1918 wurde über einen kompletten Zusammenschluss von Amt und Stadt verhandelt. Die ehemaligen strukturellen Unterschiede zwischen Stadt und Land waren mittlerweile sowieso verschwunden, und von einer Zusammenlegung erhoffte man sich eine zielgerichtetere Verwaltungsarbeit bei gleichzeitiger Kosteneinsparung. Pläne wurden diskutiert und verworfen, Vernunft und Kirchturmdenken prallten aufeinander. Die Sache wurde zur Prestigefrage. Wer gemeindet wen ein? Man schürte »Amtsbewusstsein« und »Stadtbewusstsein« in der Bevölkerung und warf sich gegenseitig Übervorteilungsversuche vor.
Die Vereinigung wurde schließlich nicht auf demokratischem Weg beschlossen, sondern 1938 vom Regierungspräsidenten angeordnet. Zunächst begnügte man sich mit einer Art Personalunion in Form einer Verwaltungsgemeinschaft, die sich aber schnell als zu arbeitsaufwendig herausstellte. Am 1. April 1941, auf den Tag 4 Jahre nach der Plettenberger Stadtwerdung, wurde offiziell aus den Gemeinden in Plettenberg-Stadt, Plettenberg-Land und Ohle die Stadt Plettenberg.