36 Meter hoch, 231 Meter lang und ein Stauvermögen von rund 3,1 Millionen Kubikmeter Wasser: Die Oestertalsperre ist eines der größten Bauvorhaben, dem sich die Stadt Plettenberg jemals widmete. Während der Bauphase stand die Sperre oft vor dem Aus, doch trotz aller Probleme konnte am 31. Juli 1907 der Schlussstein gesetzt werden.
Der Bau der Oestertalsperre, einer Gewichtsstaumauer aus Bruchstein, war bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein von im Oestertal angesiedelten Fabrikanten ins Auge gefasstes Ziel. Dazu trafen sich bereits am 31. Januar 1896 mehrere Fabrik-Besitzer aus der Oester, die mit dem Bach ihre Wasserwerke antrieben, im Hotel Böley am Maiplatz. Denn so wichtig die Oester damals für die hiesige Wirtschaft war, so unberechenbar war ihre Nutzbarkeit. Trockene Sommer ließen den Bach oft zu einem Rinnsal werden. Die Folge: Die Fabriken konnten kaum Wasserkraft nutzen, um ihre Maschinen zu betreiben. Dagegen bestand im Herbst und Frühjahr die Gefahr, dass die Firmen von der Hochwasser führenden Oester beschädigt wurden.
Im Hotel Böley gründeten die Oestertaler Fabrikanten daher eine Wassergenossenschaft. Sie wussten, dass der Bau einer Talsperre zur Regulierung der Oester nur dann erfolgen könnte, wenn die gerade im Entstehen begriffene Schmalspurbahn Plattenbergs bis ins Oestertal weitergeführt werden würde. Denn die Massen an Materialien für ein solch großes Bauwerk konnten nur per Schiene angeliefert werden – alles andere wurde als finanziell nicht machbar angesehen.
In der Zwischenzeit nahmen die Genossenschafts-Mitglieder Kontakt mit dem Aachener Professor Otto Intze auf. Dieser erstellte die ersten Planungen zum Bau der Oestertalsperre und erhielt im November 1899 den Auftrag, eine rund drei Millionen Kubikmeter Wasser fassende Talsperre zu planen. Die Kosten wurden auf 920.000 Mark festgelegt. Doch noch konnte die Errichtung der Talsperre nichts anderes, als ein reines Planspiel sein.
Denn erst 1903 wurde die Kleinbahn bis ins Oestertal verlängert. Direkt im Anschluss erhielt die Oestertaler Wassergenossenschaft die Baugenehmigung. Beauftragt wurde die Firma Hermann Schütte aus Barmen, die das Bauwerk für 900.000 Mark errichten wollte. Doch bereits wenige Monate nach Baubeginn ereilte die Oestertaler Fabrikanten der erste Schock: Die Barmener Firma musste Konkurs anmelden, alle Arbeiten wurden gestoppt.
So wurde 1904 die Firma Lennart, Ehrenbreitstein, mit der Fortführung der Bauarbeiten beauftragt. Doch schien die Errichtung der Talsperre unter keinem guten Stern zu stehen. 1905 musste auch das zweite am Bau der Oestertalsperre beteiligte Unternehmen seine Zahlungen an die Fuhrunternehmer und Arbeiter einstellen. Noch im August 1905 sorgten die Genossenschafts-Mitglieder für Ersatz. Die Firma Boswau & Knauer war jetzt das dritte Unternehmen, das an dem Bau beteiligt war.
Die Situation wurde für die Auftraggeber langsam ärgerlich. Nicht nur die Baukosten waren inzwischen auf 1,2 Millionen Mark gestiegen. Im Dezember 1905 sperrte ein Teil der Grundbesitzer die über ihren Boden verlaufende Schmalspurbahn ins Oestertal. „Differenzen mit der Genossenschaft“ seien der Grund, wie das Süderländer Wochenblatt damals berichtete. Diese Auseinandersetzung konnte offenbar nicht beendet werden, zumal auch das für den Bau beauftragte Unternehmen die Arbeiter entließ.
1906 entschlossen sich die Oestertaler Genossenschafts-Mitglieder zu einem gewagten Schritt: der Bau der Talsperre sollte in eigener Regie erfolgen. Ein Drittel der Staumauer war da immerhin bereits fertiggestellt. Doch fortan verliefen die weiteren Bauarbeiten ohne größere Probleme. Bereits damals am Bau beteiligt waren „Gastarbeiter“ aus Kroatien, Italien und anderen Nationen.