Die märkische Region besteht aus einem engen Netz von Kleingruben, sogenannten „Erznestern“. Auch in Plettenberg gab es daher eine Vielzahl von Stollen, von denen heute noch eine Grube für Besucher zugänglich ist: die Grube „Neu Glück“. Das hier geförderte Blei war lange Zeit ein wichtiger Baustein der heimischen Industrie. Da es vor allem für die Trennung von Kupfer und Silber genutzt wurde, war es beispielsweise besonders wichtig für die Herstellung von Abwasserrohren.
Plettenberg, 2002: Während der Bauarbeiten zur neuen Westtangente, die mit einem Tunnel durch den Hestenberg geführt werden soll, schneiden Bauarbeiter einen alten Stollengang an. Es handelt sich dabei um einen Stollen der Grube „Neu Glück“. Hier wurde im 18. Jahrhundert Blei zu Tage gefördert; doch die heimische Region bot auch Kupfer-, Zink- und Eisenerzvorkommen.
Der gebürtige Hilchenbacher Hermann Schantz hatte sich im April 1755 die Grube verleihen lassen. Bereits im Februar 1738 hatte er den damals üblichen Plettenberger Bürgereid abgelegt. Damit hatte sich Schantz verpflichtet, sich an die gegebene Rechtsordnung zu halten. Seine Grube war an einer besonderen Stelle angelegt worden. Denn von hier aus zog sich ein „Bleierzband“ vom Heiligenstuhl über den Saley und das Bommecketal bis nach Holthausen und in die Bremcke. Wahrscheinlich war schon im 17. Jahrhundert hier Blei abgebaut worden.
Bereits nach wenigen Monaten konnten die Arbeiter vermelden, auf das wertvolle Erz gestoßen zu sein. Die Arbeitsbedingungen in den Stollen in jenen Jahren sind aus heutiger Sicht als unmenschlich zu bezeichnen. Ein Bergmann schaffte es in der Regel gerade einmal pro Jahr einen Stollen rund drei Meter voranzutreiben. Temperaturen, die meist zwischen acht und zehn Grad liegen, eine hohe Luftfeuchtigkeit und der sich beim Abbau entwickelnde Staub ließen die Bergmänner oft nicht älter als 30 oder 40 Jahre alt werden.
Bereits nach drei Jahren wurde Hermann Schantz die Bergbaulizenz für die Grube „Neu Glück“ entzogen. Er hatte eine nicht genehmigte Abbaustrecke in den Berg getrieben. Seitdem wurde in der Grube kein Erz mehr abgebaut. 1769 starb Schantz an „Wassersucht“, einer abnormen Ansammlung von Körperflüssigkeit, deren Folge häufig eine Herzinsuffizienz ist.
Die Grube geriet jedoch nicht in Vergessenheit – im Gegenteil. Sie half den Plettenbergern in Zeiten höchster Not. Um Schutz vor den alliierten Angriffen zu finden, suchten 1944 und 1945 bis zu hundert Plettenberger Zuflucht in den alten Stollen. Dafür war eigens ein zweiter Eingang zur Grube gesprengt worden. Möglich ist auch, dass hier kurzzeitig Kriegsgefangene einquartiert waren.
Nachdem die Stollen beim Bau des Tunnels der Westtangente wiederentdeckt wurden, machten sich Heimatforscher, allen voran der ehemalige Stadtarchivar Martin Zimmer, daran, die Grube „Neu Glück“ als Besucherstollen für die Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen. Es dauerte bis September 2008 als zum „Tag des offenen Denkmals“ die ersten Besucher die Stollen unter fachkundiger Führung betreten konnten. Die Organisatoren hatten bis dahin viel Energie in das Projekt gesteckt. Nicht nur 192 Schubkarren voller Abraum mussten aus den Stollen abtransportiert werden. Bergbau-Experten mussten die Stollen erst abnehmen und somit für die Besucher freigeben. Als erlebbares Beispiel für den heimischen Bergbau konnte die Grube „Neu Glück“ der Nachwelt erhalten bleiben. Seit 2008 finden regelmäßige Führungen durch das ehemalige Bergwerk statt.