42) Die Arbeiterwohlfahrt (Awo)

Der Umzug des Plettenberger Ortsvereins der Awo im Oktober 1983 in die neuen Räume an der Brachtstraße war auch ein Symbol für den Wandel der Aufgaben des Vereins. Denn hatten sich seine Mitglieder ab 1946 noch vor allem um die Speisung derjenigen gekümmert, die am Ende des Zweiten Weltkrieges vor dem Nichts standen, war die Awo mittlerweile zu einem Verein geworden, der Zusammenkünfte und Veranstaltungen besonders für die älteren Mitbürger veranstaltete.

Trauer und Freude gleichermaßen herrschten am 2. Oktober 1983 an der Brachtstraße 6: Über hundert Gäste hatten sich zur offiziellen Übergabe des neuen Awo-Heims an dessen Vorsitzende Walter Schriever und Ursula Beyer versammelt. Wehmütig blickten die Mitglieder auf die Zeit in der alten Baracke an der Wiesenstraße zurück, mit der viele schöne Erinnerungen verbunden wurden. Doch gleichzeitig schauten die Awo-Mitglieder freudig auf ihr neues, großzügiges Heim.

Der „Geist der alten Awo-Baracke“, so der damalige Bürgermeister Dr. Heinz Baberg, werde auch in den neuen Räumen Einzug halten. Bereits seit 1946 besaß die Vier-Täler-Stadt ihren eigenen Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt. Der Verein wurde von der heimischen SPD aus der Not der Zeit heraus geboren: Besonders Flüchtlinge kamen meist ohne Hab und Gut nach Plettenberg. Vor allem um diese Menschen sollte sich die Awo in der ehemaligen Wohnbaracke auf dem Gelände der Firma Loos am Grafweg kümmern. Doch die Mitglieder boten nicht nur eine Volksküche, sondern auch eine Nähstube und eine Schuhmacher-Werkstatt an. 1948 wurde die Baracke für 30 Mark angemietet.

1962 war die Volksküche bereits überflüssig geworden. Die Awo hatte nun andere Aufgaben und zog das erste Mal um. Bis zum Einzug in das Haus an der Brachtstraße fand die Awo ihr neues Heim in der Baracke an der Wiesenstraße. Doch dieses reichte bereits wenige Jahre später nicht mehr aus – neue Räume mussten Anfang der 1980er gefunden werden.

Das alte Gebäude an der Brachtstraße 4-6 schien ideal für die Awo zu sein. War von Seiten der Stadt eine Zeit lang über den Abriss des Hauses nachgedacht worden, wurde es nun für insgesamt 500.000 Mark saniert – 340.000 Mark wurden alleine aus Awo-Mitteln zugesteuert. Allerdings war zum Zeitpunkt der offiziellen Übergabe die Wohnung an der Brachtstraße 4 noch bewohnt und nicht saniert worden. Sie sollte jedoch später ein Teil des neuen Awo-Heims an der Brachtstraße werden.

Im Erdgeschoss wurden ein großer Versammlungsraum und zwei kleinere Räume eingerichtet, in denen am Tag der Eröffnung eine Ausstellung und ein Basar stattfanden. Im Obergeschoss wurde das Büro der Plettenberger SPD eingerichtet. So hatten Awo und SPD wieder zusammengefunden, wie auch der damalige Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Helmut Bornemann, unterstrich: „Über längere Zeit getrennt marschiert, aber gemeinsam geschlagen.“

Rund hundert Gäste waren zur Eröffnung gekommen, die vom Vorsitzenden der Awo im Märkischen Kreis, Ulrich vom Brocke, begrüßt wurden. Vom Brocke zeichnete in seiner Ansprache auch ein Bild der mittlerweile gewandelten Aufgaben der Awo: „Die Awo mit ihrem zwei Jahrzehnte währenden Engagement in der Erwachsenenbildung hat mit solchen Familienbildungsstätten, wie sie auch hier in Plettenberg eingerichtet werden soll, in den Nachbarstädten die besten Erfahrungen gemacht, die Stätten erfreuen sich wachsender Beliebtheit.“ Oberste Priorität der Awo besäße demnach nicht mehr die Speisung der Armen und Mittellosen, sondern, dass „alt und jung wieder zusammenkommen“, wie vom Brocke sagte.